Exkurs: „Äußere und kriegerische Bedrohungen Haslohs“
Obwohl die ab 1640 freiheitlicher aufwachsenden Rechts- und Ordnungsvorgaben in der Herrschaft Pinneberg, und somit auch in Hasloh, zu zunehmend verlässlicheren eigenen Möglichkeiten der Gestaltung der Lebenswelt im Dorf führten, waren diese in ihrer Wirkung bis ins 19. Jahrhundert hinein phasenweise gar weitgehend unwirksam oder zumindest eng begrenzt.
Grund dafür waren von außen nach Hasloh eindringende Krisen und Konflikte. Dabei handelte es sich vor allem um zahlreiche kriegerische Auseinandersetzungen. Diese führten im Dorf zu erschreckenden humanitären und materiellen Notständen, wie beispielsweise zu starken Verwüstungen und sozialen Drangsalierungen. Es kamen Horden von Soldaten mit Pferden und Tross, die Gehöfte besetzten, plünderten und brandschatzten, Bewohner zu unfreiwilligen Diensten zwangen und auch Morde begingen. Mangels dafür nötigen Geldes, gelang es selten, sich mit Hilfe von Schutzbriefen freizukaufen. Um die dafür aufzubringen Mittel zu beschaffen, wurden Dorfbewohner vielfach zu Notkriminellen. Sie überfielen reisendes Volk und Kaufleute. Der Waldfrevel blühte. Wenn es gelang, retteten sich Bewohner Haslohs nach Hamburg oder in die Festung Glückstadt.
Im Jahr 1644, vier Jahre vor Ende des Dreißigjährigen Krieges, waren die Zustände besonders grausam, als schwedische Truppen unter General Wrangel mit etwa 2500 Reitern und 1000 Dragonern in die Herrschaft Pinneberg einfielen, um die Dänen zu vertreiben. Dies führte in Hasloh zu wochenlangen Einquartierungen und anschließend verblieben noch viele Monate lang Besatzungssoldaten in Dorf. Die Bilanz war erschreckend: Von Pferden abgeweidete Wiesen, nahezu totaler Viehdiebstahl auf den Gehöften, umfassender Raub von Vorräten mit folgender großer Hungersnot sowie zahlreichen Bränden, Misshandlungen, Folterungen und langen Krankheitsfolgen kennzeichneten die Lebenswelt unseres damaligen Dorfes. Dies alles führte erst nach Jahren allmählich wieder zur Normalisierung und zum Wiederaufbau.
Aber bereits ein Jahrzehnt später gerät auch Hasloh abermals in Auseinandersetzungen zwischen dänischen und schwedischen Truppen. Brandenburgisch-polnische Soldaten kommen den Dänen zur Hilfe. Sie kämpfen in ihren Einheiten mit Söldnern aus Spanien, England, Frankreich, Schottland, Portugal, Finnland und Irland und hinterlassen schließlich Hasloh als hart drangsaliertes und ausgeraubtes Dorf. Missernten, Wolfsplagen, umherziehendes Gesindel und ständige Steuererhöhungen verschärfen die ohnehin schon elenden (Über)-Lebensbedingungen geradezu ins Unerträgliche. Mehrmalige weitere Einquartierungen verschiedener Truppen untergruben auch nachfolgend die Möglichkeiten der Dorfgemeinschaft, ihre Lebensbedingungen mit freien Entscheidungen selbst zu gestalten.
Und es geht noch mit großen Herausforderungen zur Bewältigung von Notlagen für Hasloh weiter: So kommt es beispielsweise nach dem Zusammenbruch des französischen Heeres unter Napoleon in Russland 1812 dazu, dass die Russen die geschlagene Armee im Verbund mit Preußen und Schweden Richtung Schleswig-Holstein und weiter nach Westen verfolgen. In unserem Dorf kommt es 1813/14 zum sogenannten „Kosakenwinter“. Wieder werden viele Gehöfte zu Einquartierungen gezwungen. Und die Dorfbewohner werden außerdem dazu verdingt, u. a. Tuche, Stiefel, Nahrungsmittel, Pferdefutter und Branntwein für die sich aus der Gegend selbstversorgenden Soldaten zu liefern. Erst 1815 rücken die letzten Besatzer aus Holstein ab. Anschließend ist der dänische Staat bankrott. Das neue dänische Papiergeld wird als wertlos angesehen. Die Steuerlasten steigen enorm, die Preise für Lebensmittel entwickeln sich inflationsartig. Es kommt zu Rückfällen in die Zeiten von Naturaltauschgesellschaften.